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Das fehlende Verbindungsstück
Die Speicherung erneuerbarer Energien ist der Schlüssel zu einer Zukunft ohne CO2-Emissionen. Das dänische Unternehmen Stiesdal Storage Technologies entwickelt gerade ein bahnbrechendes thermisches Energiespeichersystem, das die Speicherung von elektrischer Energie über Stunden bis Wochen hinweg ermöglicht. Das Unternehmen wandte sich an Atlas Copco, um die für diesen Prozess benötigten Turbomaschinen zu entwickeln.
In vielen Regionen der Welt ist der Übergang zu erneuerbaren Energien in vollem Gange. Die Erzeugung sauberer elektrischer Energie frei von CO2-Emissionen durch Wind- und Solarkraftwerke variiert jedoch je nach Verfügbarkeit. Manchmal produzieren wir zu viel Energie und können den Überschuss nicht nutzen, manchmal brauchen wir mehr Energie, als verfügbar ist. Die Herausforderung besteht darin, das Ungleichgewicht zwischen Energiebedarf und Energieerzeugung auszutarieren. Betrachten wir zum Beispiel Dänemark, wo der Strom zu 50 % mithilfe von riesigen Windenergieanlagen gewonnen wird: „Wenn wir unseren Strom zu 50 % aus Windenergieanlagen beziehen würden, würde die Windenergie schlussendlich 45 % der gesamten Energieerzeugung ausmachen. Würden wir aber unseren Strom zu 100 % aus Windenergieanlagen beziehen, kämen dabei nur 60 % heraus“, so Bo Birkemose, Chief Operating Officer des dänischen Klimatechnologieunternehmens Stiesdal Storage Technologies, Teil der Stiesdal Group. „Das liegt daran, dass wir die Energie nicht komplett brauchen, wenn wir sie produzieren. Entweder wir produzieren mehr, als wir benötigen, und müssen die Produktion herunterfahren. Oder wir schaffen es nicht, so viel zu produzieren, wie wir brauchen.“
Ein bewährtes Konzept mit neuer Anwendung
Stiesdal hat eine Lösung für dieses Problem. Das Energiespeichersystem GridScale seines Unternehmens arbeitet auf Grundlage einer ganz einfachen Technologie, die schon Jahrhunderte alt ist: Wärmespeicherung.
Die Lösung von Stiesdal ist ein Wärmeenergie-Pumpspeichersystem, bei dem zerkleinertes heißes und kaltes Gestein als kostengünstiges und CO2-freies Speichermedium verwendet wird. Das System bedarf einer Turbokompressor- und Turboexpander-Technologie. Dies führte Stiesdal Storage Technologies vor einigen Jahren zu Atlas Copco.
„GridScale speichert Strom in einem Material, das kostengünstig, unkompliziert und reichlich vorhanden ist: in Steinen“, erklärt Rasmus Rubycz, Market Manager for New Energy in der Gas & Process Division von Atlas Copco und Teil des Teams, das mit Stiesdal Storage Technologies an diesem Projekt arbeitet.
„Lithium-Batterien sind verfügbar und werden immer billiger, aber sie sind nur für weniger als 12 Stunden rentabel, und ihre Effizienz sinkt nach vier Stunden“, fügt Rubycz hinzu.
Wasserstoff könnte eine Option für große Lagermengen und eine lange Lagerdauer sein. Die Umwandlungseffizienz ist jedoch sehr gering, und die Lagerung großer Mengen reinen Wasserstoffs ist kompliziert und teuer.
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„Stiesdals Lösung kommt ohne Batterien aus“, so Rubycz weiter. „Sie benötigt nur Stahl, Stein und ein wenig Isolierung. Sie ist umweltfreundlich und verwendet Materialien, die einfach verfügbar sind. Außerdem schließt sie die Lücke zwischen Batterien und Wasserstoff.“
„Wir brauchten etwas Kostengünstiges, das einfach herzustellen, zu transportieren und zu installieren ist. Die Inbetriebnahme und Installation vor Ort sollte nur sehr wenig Zeit benötigen und einfach sein – wie bei Windenergieanlagen“, so Bo Birkemose. „Wir entwickeln hier nicht nur ein Demonstrationsprojekt. Wir wissen, dass es funktioniert. Unsere Lösung kann innerhalb kurzer Zeit in großem Umfang hochgefahren werden.“
„Eine offene und vertrauensvolle Zusammenarbeit“
„Wir sind zwar in einigen Branchen schon recht bekannt, trotzdem aber immer noch ein kleines Start-up-Unternehmen. Und wir begeben uns in einige komplett neue Bereiche. Turbomaschinen könnten hier und da noch Zweifel bei den Menschen wecken. Deshalb profitieren wir von dem Fachwissen und der Bekanntheit von Atlas Copco“, erklärt Birkemose.
„Im Hinblick auf die strategische Zusammenarbeit profitiert Atlas Copco auch von uns, weil wir jahrzehntelang Erfahrung als Vorreiter der Windenergiebranche gesammelt haben. Viel bedeutender aber ist, dass wir als kleine Firma an ein so großes Unternehmen heran- und mit ihm in einen guten Dialog treten konnten, in dem gegenseitiger Respekt für die jeweiligen Kompetenzen herrscht. Es ist eine sehr offene und vertrauensvolle Zusammenarbeit“, fügt Birkemose hinzu.
Harald Dany, verantwortlich für den Geschäftsbereich Thermal Storage in der Gas & Process Division von Atlas Copco, bezeichnet die Zusammenarbeit als eine großartige Sache.
„Stiesdal hatte eine großartige Idee. Aber um sie zu realisieren, fehlte ein Teil der erforderlichen Technologie. Die Firma suchte nach einem Unternehmen, das ihr bei der Entwicklung der notwendigen Maschinen helfen könnte“, so Dany. „Genau hier kommen wir ins Spiel. Wir unterstützen unsere Kunden dabei, über die Technologie hinauszugehen und sie den Kundenanforderungen entsprechend weiterzuentwickeln.“
Wie geht es weiter?
Der Entwicklungsprozess findet seit 2019 statt. Hanna Hörmeyer, Design Engineer in der Gas & Process Division von Atlas Copco, erklärt, dass die größten Herausforderungen bei der Entwicklung in den hohen Betriebstemperaturen lagen, die sich auf Turbomaschinen dieser Größe auswirken.
„Die Herausforderung bestand darin, Turbomaschinen dieser Größe zu entwickeln, die so hohen Temperaturen standhalten. Zuerst erstellten wir einen aerodynamischen Entwurf. Dann begannen wir mit dem mechanischen Entwurf, bei dem wir uns auf die Auswirkungen konzentrierten, die die hohen Temperaturen auf die Konstruktion und das Material haben können“, erklärt Hörmeyer. „Es gibt viele Herausforderungen, die es zu berücksichtigen gilt. Aber hier geht es um eine vielversprechende Möglichkeit, erneuerbare Energien viel effizienter zu nutzen. Diese Lösung hilft uns, unseren Planeten besser zu schützen. Ich freue mich sehr, bei diesem Projekt dabei zu sein.“
Stiesdal Storage Technologies plant, 2022 Prototypenanlagen an mehreren Standorten weltweit zu installieren. 2023 soll dann die erste kommerzielle Installation erfolgen. Die erste Demonstrationsanlage wird derzeit auf Lolland errichtet, einer Ostsee-Insel bei Dänemark, die viel erneuerbare Energie bietet. Die Anlage wird mit überschüssiger Energie von Windenergie- und Solaranlagen der Insel gespeist werden. Bo Birkemose sieht einige unterschiedliche Kundensegmente vor sich, zum Beispiel an abgelegenen Standorten, die über kein Stromnetz verfügen: Weit abgelegene Windparks etwa, oder Bergwerke, die auch heute noch sehr auf Dieselgeneratoren angewiesen sind.
„Das Schöne an dieser Technologie ist, dass sie im Grunde keine Technologie benötigt“, stellt Birkemose fest. „Es handelt sich hier um ein bewährtes Konzept, das in kurzer Zeit an Bedeutung gewinnen kann. Was uns antreibt, ist das Wissen, dass die Technologien, an denen wir gerade arbeiten, einen wesentlichen Beitrag zu einer besseren und saubereren Zukunft leisten werden.“
Die Technologie von GridScale baut auf zwei bedeutenden Erfindungen des 19. Jahrhunderts auf: dem Brayton-Kreisprozess, dem Grundstein der herkömmlichen Gasturbine, und dem Carnot-Kreisprozess, einem Leistungsstandard aller Wärmekraftmaschinen, die zwischen hohen und niedrigen Temperaturen betrieben werden. Die Idee zur Adaptierung dieser etablierten Prinzipien bei einer neuen Art von Wärmespeicherung stammte von Henrik Stiesdal, dem visionären Gründer des Unternehmens, das seinen Namen trägt.
GridScale lässt sich am besten als Wärmepumpensystem beschreiben, bei dem die Energie zwischen einzelnen Behältern bewegt wird, um Wärme bzw. Kälte zu speichern. Die Anzahl der Behälter richtet sich dabei nach der gewählten Kapazität.
Da die maximale Temperatur des Kühlspeicherbehälters viel niedriger ist als im Wärmespeicherbehälter, kann der Kühlbehälter grundsätzlich jede Art von zerkleinertem Gestein verwenden. Die Wärmespeicherung erfordert lediglich eine große Hitzebeständigkeit. Und diese bieten viele Gesteinsarten.
Bei der Speicherung in zerkleinertem Gestein gibt es keinen Materialverschleiß, und die Speicherkapazität auf dem Typenschild des GridScale wird über die gesamte Lebensdauer des Systems hinweg aufrechterhalten.
Der GridScale-Bereich deckt sowohl die für den täglichen Ausgleich bei Solarenergie erforderliche Dauer von 12 bis 18 Stunden ab als auch die für den Ausgleich bei Windenergie erforderliche Dauer von drei bis sieben Tagen, damit in windschwachen Perioden Lücken überbrückt werden können. „Betrachten wir noch einmal das Beispiel Dänemark: Wenn wir die Wärmespeicherkapazität eines einzigen Tages installieren, erhöhen wir die nutzbare Energiemenge auf 75 %“, so COO Bo Birkemose von Stiesdal Storage Technologies.